- Wer eine Depersonalisation erlebt, empfindet sich selbst als fremd und unwirklich. Erscheint auch die Welt surreal, spricht man von einer Derealisation. Dabei ist den Betroffenen bewusst, wie absurd ihre Wahrnehmung ist.
- Diese unheimlich erscheinende Empfindung könnte in extrem bedrohlichen Situationen einen nützlichen und lebenswichtigen Schutzmechanismus des Gehirns darstellen.
- Solche Phänomene offenbaren, wie komplex und sensibel das Zusammenspiel verschiedener Hirnfunktionen ist, infolge deren wir uns selbst als einheitliche Person empfinden.
Betroffene fühlen sich wie ohnmächtige Beobachter ihres eigenen Lebens, wie in einem fremden Körper oder einer unwirklichen Welt. Obwohl das Krankheitsbild bereits Mitte des 19. Jahrhunderts von den deutschen Ärzten Albert Zeller (1804–1877) und Wilhelm Griesinger (1817–1868) beschrieben wurde, führt es in der öffentlichen Wahrnehmung noch immer ein Schattendasein. In der Klassifikation psychischer Störungen der Weltgesundheitsorganisation ICD-10 gilt das so genannte Depersonalisations-/Derealisationssyndrom als selten – doch das dürfe unter anderem daran liegen, dass es in der Praxis häufig verkannt wird. Tatsächlich ergeben Studien übereinstimmend, dass in den westlichen Ländern zwischen einem und zwei Prozent der Bevölkerung die Kriterien dieser psychischen Störung erfüllen. Das sind ebenso viele Menschen, wie an einer Schizophrenie leiden.
Aber auch viele Gesunde kennen das Gefühl der Depersonalisation. Als vorübergehende Empfindung ist es keineswegs ungewöhnlich und tritt typischerweise unter Stress oder großer Angst auf, mitunter auch bei Erschöpfung und Müdigkeit. Schwerwiegender als in diesen Fällen sind solche Zustände hingegen, wenn sie sich als Begleitsymptom einer psychischen Störung zeigen, etwa einer Angststörung oder Depression. Auch einige körperliche Krankheiten können Gefühle der Entfremdung hervorrufen, zum Beispiel Migräne oder Schwindelerkrankungen. Von einer Depersonalisations-/Derealisationsstörung (im Folgenden Depersonalisationsstörung genannt) spricht man jedoch erst dann, wenn die andauernden oder wiederkehrenden Erfahrungen als sehr belastend erlebt werden und im Vordergrund der Symptomatik stehen.